Als ich vor über einem halben Jahr anfing, Nachhilfe in Mathe zu geben, hätte ich nicht gedacht, wie viel es mir doch bringt. Natürlich freue ich mich über das Geld, welches ich nebenbei immer ganz gut gebrauchen kann, aber tatsächlich ist da etwas, was mir viel wichtiger ist. Es ist der Austausch mit meinen Schülern, den ich bereichernd finde. Mehr, als ich es gedacht hätte.
Es ist schon witzig, wenn sie mir ab und an ihre Geschichten erzählen, was sie erlebt haben und was sie beschäftigt. In solchen Momenten fühle ich mich irgendwie immer etwas geehrt, dass ich daran teilhaben darf, dass ich sie, wenn auch nur ein bisschen, in ihrer Entwicklung unterstützen darf.
Mir ist total aufgefallen, dass Kinder besonders Aufmerksamkeit brauchen. Kinder wollen gehört werden. Sie wollen, dass wir ihnen Zeit und ein offenes Ohr schenken, sie unterstützen und verstehen. Aber dem können wir nicht immer gerecht werden, denn Aufmerksamkeit ist nicht immer Priorität.
Wie oft Aufmerksamkeit im Alltagsstress untergeht, wissen wir alle. Wenn die To-Do Liste endlos lang ist, der Geduldsfaden immer kürzer wird, dann fängt man innerlich an gestresst zu sein.
Dieser Stress wird dann schnell auch im Außen sichtbar: Wir hetzen von A nach B, führen keine "richtigen" Gespräche, sondern tauschen uns wirklich nur kurz aus (für längere Gespräche ist ja keine Zeit!!), und dann irgendwann merkt man selbst, wie sehr man darunter leidet.
Statt Aufmerksamkeit und Ruhe hat man da ein gehetztes, gestresstes Inneres und dieser ewige Kreislauf aus Machen und Machen endet nicht, wie gehofft, in einem Haufen Geld und Glück, sondern meistens in einem Burn-Out und der bringt wirklich niemanden etwas.
Ich bin auf der Suche nach Balance, nach dem Gefühl von Produktivität und der danach kommenden Entspannung.. Auf der Suche nach einem Leben mit Herausforderungen, aber auch mit ruhigen Momenten. Die Mischung machts.
Während ich also Nachhilfeunterricht gebe, fällt mir immer wieder auf, was Kinder können. Kinder leben im Moment, sie konzentrieren sich genau auf das Jetzt. Wenn ich mit ihnen Mathe mache, bin ich auch im Jetzt. Ich bin so fokussiert, dass ich mich innerlich vollkommen entspannen kann. Denn ich denke nicht an die tausend anderen Sachen, die noch machen muss,, sondern ich denke nur an das, was ich jetzt machen muss. Das, was vor mir liegt.
Mit einem Lächeln denke ich gerade daran, wie dankbar ich bin. Dankbar dafür, dass sie mir gezeigt haben, dass man mehr im Jetzt sein sollte. Es ist nicht immer möglich, aber man kann es versuchen. Wenn ich irgendwann älter bin und auf mein Leben zurückschaue, hoffe ich sehr, dass ich mit Stolz und Freude reflektiere. Dass ich genau das getan habe, was ich wollte, dass ich mich nicht in unzähligen Möglichkeiten verloren habe, sondern für meine Träume gekämpft habe und neben dem Erarbeiten meiner Träume eins nicht vergessen habe.. das Jetzt.